Baden-Württemberg  |  Fachkräftelücke im Baubetrieb

Karriere auf goldenem Boden

Die Baden-Württembergischen Baubetriebe stellen erneut mehr Auszubildende ein. Die Fachkräftelücke werden sie damit aber nicht schließen.  

Von Saskia Schumann
Bildquelle: iStock | Paul Bradbury

Die Zahl der Auszubildenden in der baden-württembergischen Bauwirtschaft ist nach Berechnungen der Sozialkassen der Bauwirtschaft SOKA-Bau auf derzeit 6.280 gestiegen – drei Prozent mehr als im Vorjahr. „Dieser positive Trend beweist, wie attraktiv die Branche für die Jugendlichen ist. Sie bietet ihren Nachwuchskräften hervorragende berufliche Entwicklungs- und Aufstiegschancen. Gerade während der Corona-Pandemie hat sich zudem gezeigt, dass der Bau ein krisenfester Wirtschaftszweig mit sicheren Ausbildungs- und Arbeitsplätzen ist“, erklärt Bernhard Sänger, Präsident der Landesvereinigung Bauwirtschaft Baden-Württemberg. Großen Baubedarf gebe es in der energetischen Gebäudesanierung, im Wohnungsbau und im Verkehrswegebau. Die höchsten Ausbildungszahlen erreichten die Berufe Zimmerer, Maurer, Straßenbauer und Stuckateur.

Große Fachkräftelücke

Alle Ausbildungsstellen konnten die Baubetriebe aber nicht besetzen. So hätten nach einer Befragung der Landesvereinigung Bauwirtschaft Baden-Württemberg im Spätherbst 2021 rund 66 Prozent der befragten Unternehmen keine passenden Bewerber für ihre offenen Lehrstellen gefunden. Gleichzeitig klagten 78 Prozent der Firmen über Arbeitskräftemangel bei Facharbeitern und Hilfskräften. „Dieses Ergebnis zeigt, welch zentrale Bedeutung die Personalfrage in unserer Branche hat“, erklärt Geschäftsführer Thomas Möller. Zudem zeige die Umfrage: 46 Prozent der Baufirmen planen, im kommenden Jahr die Zahl ihrer Lehrlinge zu erhöhen.

Dies reichte nach Ansicht der Landesvereinigung Bauwirtschaft Baden-Württemberg jedoch bei weitem nicht aus, den Fachkräftebedarf zu decken – zumal in den nächsten Jahren rund zehn Prozent der Beschäftigten am Bau in Rente gehen. „Die Politik muss vor allem dafür sorgen, dass duale und akademische Ausbildung in der Öffentlichkeit als gleichwertig wahrgenommen werden. Wir brauchen eine ergebnisoffene berufliche Orientierung vor allem auch an den Gymnasien“, fordert Möller. Zusätzlich sollten die Mittel für die Begabtenförderung im Ausbildungsbereich finanziell aufgestockt werden. Wünschenswert sei außerdem die flächendeckende Einführung eines Azubitickets für die öffentlichen Verkehrsmittel. „Handwerk hat tatsächlich goldenen Boden. Diese Erkenntnis muss wieder in die Köpfe der jungen Menschen. Unsere Branche blieb inmitten der Krise stabil. Und wir sind auch für die kommenden Jahrzehnte gut aufgestellt.“

Erschienen März 2022 in Karriere – Neue Chancen in 2022