Baden-Württemberg  |  Fach- und Führungskräfte

Ansprüche steigen stetig

Die Lage wird immer angespannter. Rund 50 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sahen sich im Juli 2022 durch den Mangel an Fach- und Führungskräften in ihrer Tätigkeit beeinträchtigt. Im April waren es noch knapp 44 Prozent. Das geht aus einer Umfrage des ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung hervor. Auch Baden-Württemberg macht da keine Ausnahme.

Thomas Schulze
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Dabei hat die Industrie in Baden-Württemberg, und hier gerade die Automobilindustrie, einen guten Ruf bei künftigen Facharbeitern und Führungskräften. Das hat zumindest der aktuelle „Universum Student Survey 2022“ ergeben. So haben die mehr als 13.000 im Rahmen der Studie befragten Studierenden der Wirtschaftswissenschaften erklärt, sie würden am liebsten bei Porsche arbeiten, dicht gefolgt von Daimler/Mercedes-Benz.

Über die generelle Problematik des Fachkräftemangels kann das aber nicht hinwegtäuschen. Das sieht auch die Agentur für Arbeit in Baden-Württemberg so. Erst vor wenigen Wochen hat sie verschiedene Maßnahmen vorgestellt, um dem zunehmenden Fachkräftemangel zu begegnen. Damit könnten rund 438.000 Vollzeitstellen besetzt werden. Wichtig sei es vor allem, die Aus- und Weiterbildung voranzutreiben.

Aus- und Weiterbildung unabdingbar

Tatsächlich ist heute bei der qualitativen Bewertung von Fach- und Führungskräften neben einer soliden Ausbildung auch die stetige Weiterbildung entscheidend. Nicht zuletzt durch die Coronapandemie haben sich die Anforderungen an Fach- und Führungskräfte verändert. So geht es heute nicht mehr nur darum, dass ein erfolgreicher Chef über fachliche Kompetenz verfügt. Vielmehr muss er noch stärker als vor einigen Jahren in der Lage sein, seine Mitarbeitenden zu motivieren, und soziale Kompetenz besitzen. „Hierbei spielt die zwischenmenschliche Kommunikation eine wesentliche Rolle“, erklären die Expertinnen und Experten des Kölner Coaching-Unternehmens Greator GmbH. Um ein Team kooperativ oder partizipativ zu führen, sollte die Führungskraft großen Wert auf eine offene Kommunikation, effizientes Delegieren und eine wertschätzende Fehlerkultur sowie Vertrauen legen. Zudem sei die Bereitschaft zur Selbstreflexion erforderlich.

Coronapandemie beschleunigt Veränderungen

Keine Frage, dass sich gerade durch die Pandemie auch die digitale Führung aus der Distanz geändert hat. Hier ist noch mehr als früher das Organisationstalent der Führungskräfte gefragt, müssen sie doch klare Strukturen festlegen, damit jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter die korrekten Aufgaben zugewiesen bekommen. Hinzu kommt eine noch größere Bereitschaft, den Mitarbeitenden mit Vertrauen und Wertschätzung zu begegnen. Wie wichtig der Wille und die Fähigkeit einer Führungskraft zur Wertschätzung für das Personal sind, zeigt eine Studie des Münchner HR-Start-ups Personio: Demnach wären 31 Prozent der Mitarbeitenden bereit, wegen mangelnder Wertschätzung ihrer Arbeit zu kündigen. Überhaupt hängen laut einem Gallup-Report 70 Prozent der Faktoren, die zu einer beruflichen Unzufriedenheit beitragen, direkt mit den Vorgesetzten zusammen. Schlechte Führung kann einem Unternehmen also erheblichen Schaden zufügen.

Natürlich gilt die permanente Weiterbildung nicht nur für Führungs-, sondern auch für Fachkräfte. „Deren Weiterbildungen können dabei sowohl höherrangige Abschlüsse innerhalb des gleichen Berufsfeldes als auch zusätzliche Kurse, Trainings und Spezialisierungen auf einem anderen Gebiet sein“, konstatiert etwa die Wuppertaler Hochschul-Marketinggesellschaft Litlight.

Erschienen November 2022 in Karriere

90% der von Personio befragten Personalverantwortlichen in europäischen KMU berichten, dass ihr Unternehmen unter Fachkräftemangel, Einstellungsproblemen oder mangelnder Personalbindung leide.